Die Rückkehr der Ballermänner

In England stellte sich heraus, dass die Polizisten im Überschwang der Terrorpanik einen Unschuldigen erschossen haben. In Deutschland fordern Unionspolitiker mal wieder den Schießbefehl auf unerlaubte Flugobjekte über ihren Köpfen. Muss das wirklich sein?
  Wohl kaum. Schauen wir uns doch mal an, weshalb die betreffenden Politiker so ängstlich die Hände über den Kopf zusammenschlagen und »Schießt doch! Schießt ihn ab!« rufen: Zum einen war da der Vorfall mit einem geistig labilen Sportflieger in Frankfurt, der beendet wurde, ohne dass jemand zu Schaden kam. Zum anderen jetzt der Selbstmord eines Fliegers in Berlin, bei dem außer dem Betroffenen auch niemand zu Schaden kam. Zwei Vorfälle also, die mit einem Schießbefehl ganz gewiss oder zumindest mit hoher Wahrscheinlichkeit sehr viel schlimmer ausgegangen wären.
  »Na ja«, wendet da manch ein Bewohner des Berliner Regierungsbezirkes ein, sobald er aus dem Keller oder unter dem Schreibtisch wieder hervorgekommen ist: »Es hätten ja auch Terroristen sein können, und dann ...«
  In der Tat. Hätten. Waren es aber nicht. In beiden Fällen war es genau das, was es zu sein schien – und die verantwortlichen Sicherheitskräfte haben richtig gehandelt. Aus eigener Verantwortung und ganz ohne Schießbefehl. Natürlich muss man bei einer Sicherheitslücke nicht immer erst warten, bis etwas passiert. Aber wer sagt denn, dass die Verantwortlichen nicht auch ohne Amtsvorschrift schlichtweg die richtige Entscheidung treffen können?
  Denn genau das brauchen wir: Sicherheitskräfte, die eine Situation analysieren und dann fallbezogen die richtige Entscheidung treffen. Wir brauchen ganz gewiss kein Gesetz, dass es zuständigen Beamten erleichtert, das Denken abzuschalten und wild rumzuballern, nur weil sich irgendwo was bewegt. Sinnvoll ist eine Vorschrift, die situationsangemessenes Verhalten zulässt, die aber die Hemmschwelle für den Waffengebrauch trotzdem hoch hält.

Niemand weiß, ob die zuständigen Sicherheitskräfte nicht doch ein »Flugobjekt« rechtzeitig stoppen würden, wenn es nötig ist. Aber seit den Schüssen in England wissen wir ganz genau, dass ein Schießbefehl die Hemmschwelle sinken lässt und mit Gewissheit dazu führt, dass zunächst einmal mehr Unschuldige ums Leben kommen.

Terroristen töten Unschuldige. Der Staat beschützt sie. So sehe ich das. Es mag Politiker geben, die in diesem Ungleichgewicht eine Benachteiligung der staatlichen Autorität sehen und das gerne ändern wollen. Aber wer auf diese Weise den Terroristen einen Schritt entgegen kommt, hilft ihnen dabei, genau das zu zerstören, auf das sie es abgesehen haben. Und zwar sehr viel besser, als sie selbst es mit ihren Bomben zuwege brächten.